GRÖNLAND 2008

GRÖNLAND 2008

INS EWIGE EIS


Es war eine Expedition ins Ungewisse. Bevor der Filmemacher Olaf Obsommer mit seinem Expeditionsteam nach Grönland aufbrach, hatte er nur eine vage Vorstellung von der größten Insel der Welt: Unendliche Eismassen, frostige Kälte und Millionen von Mücken. Keine idealen Voraussetzungen für eine erfolgsversprechende Wildwasserexpedition. Und trotzdem gelang ihm und seinen Mitpaddlern als weltweit zweites Expeditionsteam überhaupt eine Befahrung von Grönlands extremen Wildwasserflüssen.

„Für mich war Grönland immer ein großer, im wahrsten Sinne des Wortes, weißer Fleck“ sagt der mit allen Wildwassern der Erde gewaschene Kajak-Experte. Bis er im vergangenen Jahr ein paar spärliche Informationen von einer britischen Kajakexpedition erhielt und mit der Hilfe von Google Earth auf Satelitenbildern Erstaunliches entdeckte. Auf der arktischen Rieseninsel, welche die Wikinger im Mittelalter Grünland tauften, gibt es Berge, eisfreie Täler und Flüsse, die von mächtigen Gletschern gespeist, fulminantes Wildwasser ergeben.

Während ihrer fünfwöchigen Expedition wurden sämtliche Vorurteile über Grönland bestätigt. Das Team musste Mückenplagen biblischen Ausmaßes ertragen. In manchen Tälern waren die Plagegeister so übermächtig, dass kein Insektensprays der Welt sie aufhalten konnte. Einzig ein Moskitohut und stoische Ruhe waren der Garant, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Das Team spürte die Eiseskälte auf ihren Knochen, als sie auf dem Weg zum Isortoq-Fluss für 2 Tage im Packeis gefangen waren. Und doch zeigte sich das unbekannte Grönland auch von einer ganz anderen, unerwarteten Seite. Warme Quellen zum Baden, bunte Blumenteppiche auf grünen Wiesen, Sonnenbrand und schäumendes Wildwasser. 

Das Team konnten auf dem Quinga, Nassarsuaq und Isortoq zum Teil spektakuläre Wasserfälle, Rutschen und Katarakte bezwingen. Allerdings mussten alle Flüsse hart erarbeitet werden. Schon die Anfahrt zu den wilden und abgelegenen Flüssen war zeitraubend, mühsam und kostspielig. Grönland ist eine Fischer- und Jägernation. Praktisch alle Ortschaften liegen direkt am Meer, übliche Fortbewegungsmittel sind Boote, Schiffe, Helikopter und im Winter Hundeschlitten. Straßen gibt es nur in der unmittelbaren Umgebung kleiner Ortschaften. Um in die abgelegen Fjorde zu kommen, charterte das Team private Motorboote, welche sie zu den Flussmündungen chauffierte. Von dort wurden die Kajaks, Zelte, Nahrung und Kleidung - Ausrüstung von mehr als 40 kg pro Person - beschwerlich und kraftraubend die Flüsse hinauf geschleppt.

Für das Team war die Expedition nach Grönland, das von den Einheimischen Kalaalit Nunaat, „Land der Menschen“, genannt wird, auch eine Reise zurück zu den Wurzeln des Kajaksports. Die Innuit erfanden vor über 4000 Jahren die Kajaks und benutzen sie zum Teil heute noch als Transport- und Jagdmittel. Im Gegensatz zu den industriell gefertigten Wildwasserkajaks aus Polyethylen wurden die traditionellen Kajaks ausschließlich für den Gebrauch im Meer entwickelt. Sie wurden aus einem Gerüst aus Treibholz oder Knochen gefertigt und mit Robbenhaut bespannt. Viel Kenntnis um diese Kajaks ist in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen, aber einige wenige Kajakclubs in Grönland versuchen das Wissen zu erhalten und weiter zu geben. An der diesjährigen grönländischen Kajakmeisterschaft im kleinen Fischerort Quaqortoq konnten sich das Team ein wenig weiterbilden. Die wahren Meister der Eskimorolle können die für Innuit wie auch Wildwasserpaddler lebenswichtige Paddeltechnik in 35 verschiedenen Variationen ausführen. Da staunte selbst Olaf, mit über 30 Jahren Paddelerfahrung.

GALERIE

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